Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie lange ich das hier noch durchziehe. Jeden Tag einen Eintrag schreiben? Jeden Tag irgendwas aus meinem Kopf aufschreiben, als hätte ich plötzlich den Drang, mein Leben in Worte zu packen? Das hier ist kein verdammter Roman. Und ich bin nicht die Hauptfigur einer tiefgründigen Selbstfindungsgeschichte.
Aber ja, ich mache es trotzdem. Weil ich es soll. Weil es irgendwie dazugehört. Weil man mich dazu verdonnert hat, mir „Zeit für Reflexion“ zu nehmen. Na schön. Hier ist eure Reflexion.
Lasst mich euch von dem Tag erzählen, an dem ich die Schule auf den Kopf gestellt habe.
Ich wünschte, ich könnte sagen, es sei eine geplante Aktion gewesen, eine großartige Strategie mit einem tieferen Sinn. War es aber nicht. Es war Langeweile. Und Gelegenheit. Zwei Dinge, die gefährlich sind, wenn man sie zusammenbringt.
Es fing harmlos an. Ich saß in der Bibliothek, mein üblicher Rückzugsort, und hatte ausnahmsweise mal nichts Dringendes zu tun. Also tat ich, was ich immer tat, wenn mir langweilig war: Ich schaute mich um. Virtuell. Das Schulnetzwerk war … sagen wir mal … ein offenes Buch. Die IT-Abteilung? Ein Witz. Die Sicherheit? Nicht vorhanden. Es war, als hätten sie mich darum gebeten, nachzusehen, wie schnell ich durch ihre Abwehr spazieren konnte.
Antwort: sehr schnell.
Was dann geschah, war eine Kettenreaktion. Erst nur ein kleiner Test – die Infoanzeigen in den Fluren. Normalerweise zeigten sie Stundenpläne, Schulveranstaltungen, belanglosen Kram. Ich ersetzte die Anzeigen mit … nun ja, kreativeren Inhalten. Erst waren es ein paar harmlose Memes. Dann wurde ich mutiger. Ich kramte in den Datenbanken, fand Bilder, die nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Lehrer in unangenehmen Situationen – einer mit einer gewaltigen Kaffeeflecken-Panne auf seiner Hose, eine andere mit einer Grimasse, die aussah, als würde sie gleich explodieren. Dinge, die vermutlich harmlos waren, aber in der richtigen (oder falschen) Präsentation … nun ja, sagen wir, sie waren unterhaltsam.
Als ich sah, dass es niemand bemerkte – oder schlimmer, dass die ersten Schüler anfingen, vor Lachen zu kreischen – wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab.
Die Drucker begannen, kleine Botschaften zu spucken. Erst nur harmlose Nachrichten wie „Habt einen schönen Tag“, dann wurde es … kreativer. Stinkefinger, dumme Sprüche, eine Rechnung für „eine Million Tonerkartuschen“ – signiert von der Schuldirektion.
Dann kam die Musik. Ich hatte Zugriff auf das Durchsagesystem. Eine Kleinigkeit, das umzuleiten. Und plötzlich schallte „Never Gonna Give You Up“ durch die Lautsprecher. Ja, ich habe die gesamte Schule gerickrolled. Danach folgten zufällig ausgewählte Lieder, je nachdem, was mir gerade in den Sinn kam. Klassische Musik während einer Sportstunde. Heavy Metal in der Bibliothek. Und als Krönung? Der Soundtrack von Tetris, während alle wie kopflose Hühner durch die Gänge rannten.
Das Beste? Die Schulklingel. Ich konnte sie steuern. Und ich habe es getan. Immer wieder. Mal kurz, mal lang, mal mitten im Unterricht. Die Lehrer waren überfordert. Die Schüler? Begeistert. Irgendwann wusste niemand mehr, ob der Unterricht wirklich vorbei war oder nicht.
Es dauerte nicht lange, bis das Chaos perfekt war. Die Lehrer versuchten, Anweisungen zu geben, aber ihre Stimmen gingen in der allgemeinen Verwirrung unter. Irgendwann gab die Schulleitung auf. Noch vor der Mittagspause kam die Durchsage: „Alle Schüler nach Hause.“
Mission erfüllt.
Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich es aus einem tieferen Grund getan habe. Dass es ein Statement war, ein Protest gegen das System oder eine großartige Rebellion gegen die Kontrolle. Aber nein. Es war nur ich, meine Langeweile, und die Tatsache, dass es mich reizte zu sehen, wie weit ich gehen konnte.
Und, na ja … ich bin ziemlich weit gegangen.
– Tara