…die Lehrerin

Miss Standon war immer … anders. Und ich meine nicht das übertrieben lockere „Hey, ich bin eure Freundin“-anders, wie es manche Lehrer versuchen. Sie war wirklich anders. Sie hatte etwas an sich, das man schwer beschreiben konnte, eine Mischung aus Ruhe und Entschlossenheit. Sie wusste genau, was sie wollte, und noch genauer, wie sie es erreichen konnte.

Es gab Momente, in denen ich dachte, dass sie uns mehr beibringen wollte als nur den Stoff. Nicht nur Algorithmen, Datenstrukturen oder gesellschaftliche Systeme – sondern etwas darüber hinaus. Verantwortung. Konsequenzen. Dinge, über die sonst niemand sprach.

Informatik bei ihr war nicht nur ein Fach. Es war eine Art Bühne, auf der sie uns zeigte, wie die Welt wirklich funktionierte, wenn man nur die richtigen Fragen stellte. Sie sprach von Daten, von Kontrolle, von der Macht, die in den Systemen steckt, die uns alle umgeben. Es war, als wollte sie uns zeigen, dass wir nicht nur Zuschauer in dieser Welt sind. Und obwohl ich damals nie darüber gesprochen habe, hörte ich jedes Wort.

Miss Standon hatte eine Art, dich zu packen, ohne dass du es merkst. Sie stellte Fragen, die in deinem Kopf hängen blieben, lange nachdem du das Klassenzimmer verlassen hattest. Fragen, die dich dazu brachten, nicht nur die Welt, sondern auch dich selbst zu hinterfragen. Und bei mir? Sie hat genau den Nerv getroffen.

Ich dachte oft, dass sie mich besser verstand, als ich selbst. Nicht, weil sie es gesagt hätte, sondern weil sie es nicht tat. Sie sah mich an, auf diese stille, wissende Art, die dir das Gefühl gibt, dass jemand etwas über dich weiß, was du selbst noch nicht entdeckt hast.

Ich erinnere mich an einen ihrer Sätze, der mir besonders im Gedächtnis geblieben ist. Es war ein Nebensatz, eine Bemerkung, die sie fast beiläufig gemacht hatte: „Manchmal sind die, die Systeme durchschauen, die gefährlichsten.“ Damals dachte ich, sie meinte es allgemein. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Es gab eine Art Faszination um sie, etwas, das ich nicht erklären konnte. Sie war zu gut in dem, was sie tat. Nicht nur im Unterrichten – in allem. Als hätte sie Erfahrungen, die über das Klassenzimmer hinausgingen. Es gab Momente, in denen ich mich fragte, warum jemand wie sie hier war. Warum sie unterrichtete.

Ich dachte nie ernsthaft darüber nach. Nicht damals. Sie war einfach Miss Standon, die Lehrerin, die mich interessierte, die mich nervte, die mich zum Nachdenken brachte. Aber jetzt, wo ich alles mit Abstand betrachte, merke ich, dass sie nicht nur das war.

Sie hatte etwas an sich, das nicht in diese Schule passte. Etwas, das zu groß, zu erfahren, zu komplex war, um sich in ein Klassenzimmer einsperren zu lassen. Vielleicht war sie mehr als nur eine Lehrerin. Vielleicht hatte sie eine Geschichte, die wir nie sehen sollten. Vielleicht war sie genau deshalb so gut darin, uns glauben zu lassen, dass sie einfach nur da war, um uns zu unterrichten.

Ich weiß nicht, wie viel davon ich damals geahnt habe. Vielleicht nichts. Vielleicht mehr, als ich mir eingestehen wollte. Aber eines weiß ich: Sie hat mich in Bewegung gesetzt. Sie hat Fragen gestellt, die ich nicht ignorieren konnte, und einen Prozess angestoßen, der irgendwann nicht mehr zu stoppen war.

Manchmal frage ich mich, ob sie wusste, wie es enden würde. Sie war nie nur eine Lehrerin war, die uns inspirieren wollte, dass allerdings war anfangs nicht klar. Sie hat jedenfalls mehr gesehen. Mehr geplant. Ich habe keine Antworten auf das Warum, nicht jetzt. Aber eines steht fest: Miss Standon war der Anfang.

Ein Funke, der einen Brand ausgelöst hat.

– Tara

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