Ich weiß noch genau, wie es sich angefühlt hat. Dieses Rauschen nach dem letzten Leak — das dumpfe, vibrierende Gefühl, das sich durch alles zieht, wenn die ganze Welt plötzlich in Bewegung gerät, weil du sie mit einem einzigen Tastendruck angestoßen hast.
Zuerst war da Stolz. Reiner, klarer Stolz. Ich hatte etwas gesehen, was andere übersehen hatten. Ich hatte es verstanden, entlarvt, dokumentiert, offengelegt. Ich hatte die Wahrheit befreit.
Aber dann kam das Danach. Immer dieses verfluchte Danach.
Das Danach ist der Moment, in dem du die Gesichter siehst — nicht die Schuldigen, die das System gebaut haben, sondern die, die in den Rissen verschwinden. Die, die auf einmal ihren Job verlieren, ihre Wohnung, ihre Sicherheit. Menschen, die nichts getan haben, außer in der Nähe derer zu stehen, die schuldig waren.
Ich hatte nie das Ziel, jemanden zu zerstören. Ich wollte Strukturen brechen, nicht Existenzen. Und trotzdem war genau das passiert. Immer wieder. Und jedes Mal fühlte ich mich ein Stück mehr wie das Monster, das ich nie werden wollte.
Es war paradox: Je mehr ich aufdeckte, desto tiefer rutschte ich in dieses moralische Vakuum, in dem sich Schuld und Rechtfertigung gegenseitig auffressen.
Ich sagte mir: „Jemand muss es tun.“
Ich glaubte das.
Ich glaube es vielleicht immer noch.
Aber es gibt Nächte, da wache ich auf und habe das Gefühl, etwas in mir sei unheilbar kaputt gegangen. Wie ein Programm, das sich selbst in einer Endlosschleife gefangen hat — execute, expose, regret, repeat.
Ich hasse mich manchmal dafür.
Ich hasse, dass ich nicht wegsehen kann. Dass ich Menschen lesen kann, Systeme spüren kann, Lücken erkenne, die niemand sehen will.
Ich hasse, dass ich weiß, wie man sie nutzt.
Aber ich hasse es noch mehr, wenn ich gar nichts tue. Wenn ich sehe, was passiert, und still bleibe.
Dann frisst mich die Ohnmacht. Dann wird es körperlich. Ich kann nicht schlafen, nicht essen, nicht denken. Ich werde rastlos, bis ich wieder etwas finde, das Sinn ergibt — einen Code, ein Protokoll, einen Leak. Etwas, das mich wieder in diesen Zustand bringt, den ich gleichzeitig brauche und verachte.
Vielleicht ist es wirklich eine Sucht.
Kein Rausch nach Ruhm oder Geld. Sondern nach Kontrolle. Nach dem Gefühl, die Welt wenigstens für einen Moment verstehen zu können — auch wenn man sie gleichzeitig zerstört.
Und genau das ist das Krankhafte daran: Ich sehe, was es anrichtet. Ich sehe die Trümmer. Und trotzdem kann ich nicht aufhören.
Manchmal denke ich, das Hacking war nie mein Werkzeug. Vielleicht war ich es, die gehackt wurde — vom eigenen Drang, alles zu wissen, alles zu entlarven, alles aufzudecken.
Von dieser Besessenheit, Dinge richtigstellen zu wollen.
Aber was, wenn manche Systeme gar nicht korrigiert werden wollen?
Was, wenn sie so gebaut sind, dass sie dich verschlingen, sobald du versuchst, sie zu verändern?
Ich glaube, genau da bin ich jetzt.
Zwischen Wahrheit und Zerstörung.
Zwischen Verantwortung und Sucht.
Und ich weiß nicht, ob es dafür überhaupt noch ein Entkommen gibt.
– Tara