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Ich soll mich vorstellen, meint die Psychologin. Na schön. Ich bin Tara Linwood, irgendwo zwischen 18 und 28 Jahren auf diesem Planeten unterwegs – fragt mich nicht nach Details, das interessiert mich selbst nicht sonderlich. Ich bevorzuge Schwarz, höre vorzugsweise Metal und bin (wie man mir gerne vorwirft) ein wandelnder Panzer aus Sarkasmus. Eigentlich hätte ich mir nie im Leben träumen lassen, dass ich meine Gedanken irgendwann in so ein „Blog-Tagebuch-Ding“ stopfen würde. Aber hier bin ich. Freier Wille und so? Naja, nicht ganz.

Um den Pflichten jener netten, kopfschüttelnden Fachkraft (Psychologin) nachzukommen, schreibe ich nun also mein Leben auf, obwohl ich Menschen bekanntlich nicht leiden kann. Aber gut, im Moment habe ich sowieso nicht viel zu melden. Ich nehme an, jeder hat schon mal gehört, dass es angeblich „heilend“ ist, sich die Seele aus dem Leib zu tippen. Wenn ich mich dabei blamieren sollte, liegt’s daran, dass ich diesen Drang, mich mitzuteilen, nie entwickelt habe.

Trotzdem – ich bin kein gefühlsloser Felsbrocken. Eine Person gibt es tatsächlich, die ich ertrage (und manchmal sogar gerne): Becs. Sie ist … wie soll ich’s nett ausdrücken? Ein fröhlicher Regenbogen auf zwei Beinen, immer strahlend, immer voller Energie. Wir könnten gegensätzlicher nicht sein. Sie zieht ihre exzentrischen Klamotten an und tänzelt damit fröhlich durch den Tag, während ich zumeist im Dunkeln sitze und laut Musik in die Kopfhörer pumpe. Trotzdem staune ich immer wieder, wie sie es schafft, meine Mundwinkel ein klitzekleines Stück nach oben zu ziehen.

Und dann wäre da noch Cal. Wir kennen uns seit Ewigkeiten, was irgendwie mehr Fluch als Segen ist. Wir haben uns schon mal ordentlich die Köpfe eingeschlagen – wortwörtlich. Er zeigt gern, was für ein großer, starker Held er ist, und bringt mich damit zuverlässig auf die Palme. Gleichzeitig kann ich mich nicht ganz freisprechen von einer gewissen belustigten Achtung ihm gegenüber. Möglicherweise, weil er nach unserer Schlägerei akzeptiert hat, dass ich ihm, sagen wir, ebenbürtig bin. Freundschaft? Sicher nicht. Eher so ein Dauerspannungsfeld, das gelegentlich Funken sprüht.

Was meine Familie angeht, nennen wir es „kompliziert“. Ich wohne noch unter dem Dach des Mannes, der mich großgezogen hat, und mit meinem jüngeren … Verwandten. Die beiden verstehen sich prächtig. Mit mir versucht man es immer wieder, aber ich habe selten Lust, mich in dieses ganze harmonische Beziehungsgeflecht einzufügen. Manch einer mag das als mangelnde Sozialkompetenz bezeichnen, ich würde es eine gesunde Dosis Distanz nennen.

Wieso also schreibe ich diesen Kram hier überhaupt runter und poste ihn auch noch online? Weil meine Psychologin das für eine glorreiche Idee hält, mich aus meinem Schneckenhaus zu locken. Sie glaubt offenbar, wenn ich meine Gedanken in virtueller Form publiziere, komme ich auf wunderbare Weise mit meinen Gefühlen in Kontakt.
Ach, und weil ich gerade nicht viel Auswahl habe, was meine täglichen Tätigkeiten angeht. Nennt es Zwangslage, nennt es Therapie, nennt es wie ihr wollt. Vielleicht offenbart sich mir ja tatsächlich ein Sinn dahinter.

Ob das hier jemals jemand liest? Keine Ahnung. Vielleicht treibt sich da draußen eine verschollene Seele herum, die mit meinem Gequatsche etwas anfangen kann. Oder ihr seid alle nur Voyeur*innen, die scharf darauf sind, Einblicke in das Seelenleben einer (angeblich) kaputten Gestalt zu gewinnen. Was auch immer.

Jedenfalls, das bin ich: misanthropisch, schwarz gekleidet, hochgradig genervt von den meisten Menschen, aber, wie die Psychologin meint, „begabt“ – für was auch immer. Falls ihr dranbleibt, werde ich möglicherweise ein bisschen genauer erzählen, was passiert ist und warum ich mich überhaupt in dieser Lage befinde. Ob ihr daran glaubt oder nicht, überlasse ich euch.

So viel zur großartigen Selbstvorstellung.
– Tara